Abends keine Kohlenhydrate

abends keine Kohlenhydrate

Mythos oder Voraussetzung für den Diäterfolg?

Ob Frauenzeitschrift, „Schlank im Schlaf“, Gym-Unterhaltung oder Instagram-Fitnessgröße: Die Formel für den Traumkörper scheint oft vor allem vom Timing der Kohlenhydratzufuhr abzuhängen. Besonders die Kohlenhydrate am Abend stehen im Fokus der Kritik, denn: Diese setzen angeblich besonders schnell an und führen zu Fettpolstern und ausbleibenden Diäterfolgen.

 

Auch unabhängig von der Ernährungs- und Diätform wird tendenziell gerne davon abgeraten, abends noch Kohlenhydrate in den Mahlzeitenpool mit aufzunehmen. Doch was ist dran am Kohlenhydrat-Verbot am Abend? Kann tatsächlich die Diät am richtigen – oder vielmehr falschen – Timing der Nährstoffe scheitern?

 

Die Rolle der Kohlenhydrate im Stoffwechsel

Kohlenhydrate sind eine der drei großen Nährstoffgruppen – neben den Proteinen und Fetten. Im Stoffwechsel sorgen sie vor allem für die Bereitstellung von Energie, denn durch verschiedene biochemische Vorgänge werden sie im menschlichen Körper in Glucose umgewandelt. Diese ist direkter „Brennstoff“ für die Muskeln und wird daher auch unabhängig von sportlichen Aktivitäten in ausreichender Menge benötigt: Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt demgemäß eine tägliche Kohlenhydrat-Zufuhr von 50 % der aufgenommenen Nährstoffe oder alternativ eine Menge von circa 4 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht.

Der durch Kohlenhydrate beeinflusste Blutzuckerspiegel ist für die Leistungsfähigkeit – aber auch für das Überleben – eines Menschen entscheidend. Ein komplexer Regelkreislauf sorgt dafür, dass er nie zu tief absinkt: Ein zu niedriger Blutzuckerspiegel würde sowohl die Funktionsfähigkeit des Gehirns als auch die des gesamten Stoffwechsels beeinträchtigen.

Ein Überschuss an Kohlenhydraten wird vom Körper als Zuckerdepot in der Leber angelegt. Daneben hat der Körper die Möglichkeit, überschüssige Kohlenhydrate in der Skelettmuskulatur selbst einzulagern: Diese Reserve wird vor allem bei intensiven Trainingsbelastungen herangezogen.

Damit wird deutlich, dass Kohlenhydrate für einen funktionsfähigen Organismus unerlässlich sind. Eine Ernährungsform, die vollständig auf Kohlenhydrate verzichtet, würde auf Dauer schwere gesundheitliche Folgen nach sich ziehen – bis hin zum Stillstand von wichtigen Organfunktionen.

 

Die Rolle der Kohlenhydrate während einer Diät

Viele Reduktionsdiäten arbeiten mit dem Konzept der Kohlenhydratreduzierung. Je nach Ansatz werden dabei wenig bis kaum noch Kohlenhydrate verzehrt. In extremen Formen wie der Atkins- oder der anabolen Diät wird dabei bewusst ein Zustand herbeigeführt, in dem nicht mehr die Glucose als Energielieferant dient, sondern vielmehr auf Fett als Brennstoff zurückgegriffen wird.

Erfahrungsgemäß lassen sich bei Reduzierung der Kohlenhydrate und paralleler Einschränkung des Gesamtkalorienumsatzes schnell gute und sichtbare Ergebnisse erzielen. In Verbindung mit Sport bieten diese Diäten die Grundlage sowohl für Hobby- als auch für Wettkampfathleten jeglicher Art. Achtung: Bei Ausdauerathleten ist eine kohlenhydratreduzierte Ernährung nicht zielführend – hier bedarf es einer ausgeklügelten Resternährung, um die fehlenden Kohlenhydrate ohne Leistungsverlust ausgleichen zu können.

Im Vergleich zu Low-Carb-Diäten – also Diäten, die auf der Reduzierung von Kohlenhydraten basieren – wird bei Low-Fat-Diäten der andere wichtige Energieträger im Stoffwechsel, das Fett, weitestgehend reduziert. Auch hier sind die Ergebnisse durchweg gut und zeigen bereits nach kurzer Zeit sichtbare Verbesserungen.

 

Die Rolle des Nährstofftimings

Bei Ambitionen bezüglich Wettkampf und Optimierung des ästhetischen Erscheinungsbildes hat sich herausgestellt, dass das richtige Timing der Nährstoffzufuhr entscheidend sein kann. Selbstverständlich ist jedem Athleten die Notwendigkeit von ausreichend Kohlenhydraten vor und nach dem Training ein Begriff. Ebenso logisch erscheint die Zufuhr von Eiweiß nach dem Training, um Muskelaufbau- und Reparaturprozesse innerhalb der Zellen sicherzustellen.

Dies gilt sowohl in Zeiten von Aufbautraining und Fokus auf Masse und Kraft als auch in Zeiten von Reduktionsdiäten und Wettkampfvorbereitung. Entscheidend und einzig relevant für eine Zu- oder Abnahme des Körpergewichts ist die Gesamtbilanz aus Kalorienaufnahme und Kalorienverbrauch am Ende des Tages: Ein Überschuss führt auf lange Sicht zu einem Anstieg des Körpergewichts, während eine negative Bilanz zu einer Reduzierung von Körpergewicht und Fettreserven führt.

Durch das richtige Timing lässt sich sowohl die Performance im Training verbessern als auch die Fähigkeit zur Regeneration in trainingsfreien Zeiten optimieren. Als einfache und wissenschaftlich fundierte Faustregel gilt „Kohlenhydrate um das Training herum einsetzen“ – in Form von Pre- und Post-Work-out Mahlzeiten.

 

Wir nähern uns der eigentlichen Frage, ob Kohlenhydrate am Abend einen Diäterfolg maßgeblich beeinflussen können: Die oben dargestellten Grundsätze zeigen ziemlich eindeutig, dass dies nicht der Fall ist. Voraussetzung: Auch das Training findet in der Tagesplanung entsprechend spät statt, so zum Beispiel am späten Nachmittag oder am frühen Abend. Dann ist auch hier der Einsatz von Kohlenhydraten indiziert und sinnvoll, denn: Sowohl bei Ausdauer- als auch bei Kraftsportdisziplinen sind Kohlenhydrate der Schlüssel zum Erfolg!

Anders sieht das aus, wenn das Training zum Beispiel am frühen Morgen stattfindet: Hier würden die Kohlenhydrate im Tagesverlauf sehr viel früher dem Körper zugeführt. Damit ist der Mythos um die „bösen“ Kohlenhydrate am Abend widerlegt – und einer vernünftigen Post-Work-out Mahlzeit steht nichts mehr im Wege.

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