Veganismus und Muskelaufbau

vegan und muskelaufbau

Muskelaufbau bei veganer Ernährung

Wer sich im Gym umhört, findet ab und an einen vegetarischen Mittrainierenden. Eher selten findet sich jedoch ein veganer Kollege, der sowohl in kraft- als auch in muskeltechnischer Sicht mit den fleischessenden Athleten mithalten kann.

Besonders problematisch erscheint in diesem Zusammenhang die Proteinzufuhr. Welche Rolle Eiweiß als Baustein für den Stoffwechsel und als Faktor im Bereich von Muskelaufbau und Body Composition spielt, soll das Thema des folgenden Artikels sein.

  1. Eiweiß als lebenswichtiger Nährstoff

Eiweiß bzw. Protein ist vielleicht der Stoff, der Leben – und vor allem menschliches Leben – überhaupt erst gewährleistet. Das Wort Protein stammt aus dem Griechischen und wird übersetzt mit „Erster“ – wenig erstaunlich, denn die Bedeutung von Protein lässt sich kaum durch einen anderen Nährstoff übertreffen.

Eiweiß bzw. Protein ist rein chemisch betrachtet eine lange Kette aus Aminosäuren. Davon gibt es viele verschiedene – circa 20 sind direkt am Stoffwechselgeschehen im menschlichen Körper beteiligt. Isoliert übernehmen sie verschiedene Aufgaben und dienen u. a. der Regeneration, beschleunigen diverse Reparaturprozesse innerhalb der Zellen und helfen bei der Bekämpfung von schädlichen Eindringlingen wie Bakterien oder anderen Krankheitserregern.

Protein entsteht aus dem Zusammenschluss von Aminosäuren. Der exakte Bauplan, welche Aminosäure an welche Stelle muss, wird durch die Erbinformation in den menschlichen Zellen geliefert: Anhand dieses Bauplans ist der Körper in der Lage, die komplexen Strukturen zu synthetisieren und für sich selbst zu nutzen.

Unabhängig von sportlichen Aktivitäten und einem korrespondierenden Mehrverbrauch an Protein braucht eine durchschnittliche Person um die 30 bis 40 Gramm Nahrungsprotein täglich. Diese Menge reicht aus, um den Eiweißhaushalt im Gleichgewicht zu halten – bei einer geringeren Aufnahme würde der Körper zunächst auf den eigenen Aminosäurenpool zurückgreifen, um darauf neues Protein herzustellen.

  1. Eiweiß als Muskelbaustein

Wie sieht nun aber der Bedarf an Protein für Menschen aus, die sich sportlich betätigen oder sogar gezielt trainieren, um Muskeln aufzubauen?

Die Faustregel für Kraftsportler, Fitness-Athleten und Powerlifter lautet im Allgemeinen, dass die Proteinzufuhr bei circa 3 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht liegen sollte. Dieser Bedarf wird von Sportlern üblicherweise durch Fleisch oder Fisch gedeckt. Vegetarier, die sich pflanzlich ernähren, aber daneben auch Milchprodukte und Eier zu ihrem Lebensmittelpool zählen (sogenannte Lacto-Ovo-Vegetarier), können dabei auf eben diese beiden Produktgruppen zurückgreifen. Gerade Quark und auch Eiklar liefern große Mengen an wertvollem Protein, das der Körper unmittelbar zum Muskelaufbau verwenden kann.

Bei strikt veganer Lebensführung kann hier ein Versorgungsengpass entstehen: Dieser ist nicht nur in der reduzierten Aufnahme von Protein begründet, sondern auch in der Tatsache, dass Veganer oftmals nur sehr schwer ihren Gesamtumsatz an täglichem Kalorien-Intake übertreffen, um effektiv Körpermasse aufbauen zu können.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung sagt dazu in einem aktuellen Statement:

„Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) hat auf Grundlage der aktuellen wissenschaftlichen Literatur eine Position zur veganen Ernährung erarbeitet. Bei einer rein pflanzlichen Ernährung ist eine ausreichende Versorgung mit einigen Nährstoffen nicht oder nur schwer möglich. Der kritischste Nährstoff ist Vitamin B12. Zu den potenziell kritischen Nährstoffen bei veganer Ernährung gehören außerdem Protein bzw. unentbehrliche Aminosäuren und langkettige n-3 Fettsäuren sowie weitere Vitamine (Riboflavin, Vitamin D) und Mineralstoffe (Kalzium, Eisen, Jod, Zink, Selen). … Wer sich dennoch vegan ernähren möchte, sollte dauerhaft ein Vitamin-B12-Präparat einnehmen, auf eine ausreichende Zufuhr vor allem der kritischen Nährstoffe achten und gegebenenfalls angereicherte Lebensmittel und Nährstoffpräparate verwenden. Dazu sollte eine Beratung von einer qualifizierten Ernährungsfachkraft erfolgen und die Versorgung mit kritischen Nährstoffen regelmäßig ärztlich überprüft werden.“[1]

Hier bedarf es einer genauen Mahlzeitenplanung. Wie diese aussehen kann, zeigt folgendes Praxisbeispiel aus der veganen Ernährung. Genaue Mengen der einzelnen Komponenten hängen von der Gesamtplanung und von der persönlichen Zielsetzung ab.

  • Frühstück: Müsli, Sojamilch und 1 Stück Obst.
  • Zwischenmahlzeit: Sojageschnetzeltes, Sojakäse, veganes Vollkornbrot.
  • Zwischenmahlzeit: Veganes Vollkornbrot, 1 Stück Obst, Eiweiß-Shake (auch hier gibt es vegane Produktlinien!).
  • Nachmittagssnack: Eiweiß-Shake, vegane Süßigkeiten (hier bieten sich vegane Weingummi-Produkte an), 1 Stück Obst.
  • Abendessen: Gebratener Tofu mit Gemüse nach Wahl (hier gibt es gerade im Tofubereich eine riesige Auswahl – ob Tofu-Geschnetzeltes, Tofu-Hackfleisch bzw. Tofu-Burger oder auch Tofu-Stripes, die in Geschmack und Konsistenz Hähnchenbrust-Streifen ähneln).
  • Gute-Nacht-Snack: „Milchshake“ aus Sojamilch mit Soja-Eiweißpulver.

Vegan leben heißt nicht, auf Geschmack und Lebensqualität zu verzichten! Auch vegane Süßigkeiten, Eis und sonstige Ernährungssünden sind oft in veganer Ausführung erhältlich und lassen sich so in den regulären Lebensmittelpool aufnehmen.

  • Muskelaufbautraining im veganen Lebensrhythmus

Jedes Trainingskonzept, das im Rahmen einer „normalen“ – d. h. inklusive tierischer Lebensmittelprodukte – Ernährung funktioniert, sollte auch bei veganer Ernährung funktionieren. Eine Umstellung ist daher nicht zwangsläufig angezeigt.

Wer vegan lebt, ist – unabhängig von Krafttraining & Fitness – daran gewöhnt, bestimmte Umstellungen und Alternativen auszuarbeiten, was Ernährung und Einkauf betrifft. Auch im Rahmen des Muskelaufbaus ändert sich diese Vorgehensweise nicht; sie wird eher durch das Bedürfnis nach mehr Protein noch verstärkt.

Dennoch kann ein Verzicht auf Fleisch und tierische Produkte durchaus auch gesundheitliche Vorteile bringen – es hängt nur davon ab, wie abwechslungsreich der Lebensmittelpool gestaltet wird.

[1] https://www.dge.de/wissenschaft/weitere-publikationen/dge-position/vegane-ernaehrung/

 

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