Maximalkraft, Schnellkraft, Reaktivkraft und Kraftausdauer
Wer trainiert, will stärker und kräftiger werden. Doch woran machen sich Stärke und Kraft fest? An steigenden Trainingsgewichten und Wiederholungen? An verbesserter Fitness und Gesamtstärke? Oder an neuen persönlichen Rekorden und gelungenen Maximalversuchen?
Was ist Kraft?
Der Begriff der Kraft kommt ursprünglich aus der Physik und beschreibt in der Regel die Ursache für eine Verformung und/oder einer Beschleunigung. Sie wird mit den Formelzeichen F oder k dargestellt.
Im sportlichen Kontext ist Kraft die Fähigkeit, durch den Einsatz von Muskeln Widerstände zu überwinden, ihnen entgegenzuwirken oder diese zu halten. Kraft kann sich auf vielfältige Art und Weise manifestieren: Athleten und Sportler nutzen daher mehrere Varianten, um ihre Energie zu entladen – die folgende Auflistung nennt die wichtigsten.
a) Maximalkraft
Die Maximalkraft (oder absolute Kraft) beschreibt die höchstmögliche Kraft, die die Skelettmuskulatur bei vollem und willkürlichem Einsatz in einem einzigen Versuch aufbringen kann, unabhängig von der Dauer und Länge des Versuchs.
In der Schwerathletik und im Kraftsport spielt die Maximalkraft vor allem im Bereich der Einzelwiederholungen eine Rolle. Um persönliche Rekorde bzw. Bestleistungen zu verbessern, bedarf es primär der Maximalkraft, da nur dadurch die Grundlage für schwere Einzelversuche gegeben ist.
In den meisten Trainingskonzepten ist Maximalkraft nur dann ein Bestandteil, wenn die Athleten nicht in erster Linie optische Verbesserungen beabsichtigen, sondern vielmehr ihr Trainingsziel in der Steigerung der Arbeitsgewichte sehen. Ein auf Hypertrophie (= Muskelwachstum) ausgerichtetes Training verzichtet in der Regel auf den Einsatz von Maximalkraft, da diese den Körper an die Grenzen der Leistungsfähigkeit bringt und dementsprechende Regeneration erfordert.
Achtung: Besonders bei schweren Einzelwiederholungen kann oft die Situation eintreten, dass die aufgebrachte Kraft doch nicht ausreicht, um das gewünschte Gewicht zu bewältigen. Daher ist es absolut unabdingbar, dass Maximalversuche stets mit mindestens einem Trainingspartner oder -beobachter durchgeführt werden, der im Notfall einspringt und dem Athleten hilft.
b) Schnellkraft
Schnellkraft beschreibt im Gegensatz zur Maximalkraft den höchstmöglichen Impuls der Skelettmuskulatur innerhalb einer festgelegten Zeitspanne. Besonders wichtig ist Schnellkraft bei Sportarten wie Sprinten, Boxen, Schwimmen (Kurzstrecke) und allen Disziplinen, bei denen Gegenstände oder auch andere Personen beschleunigt werden (Diskus-/Speerwurf, alle Ballsportarten).
Für Kraftsportler spielt Schnellkraft eine herausragende Rolle: Sie gewährleistet, dass zum Beispiel Gewichtheber während der Zugphase die Hantel explosiv zur Hochstrecke bringen. Auch für Bodybuilder und Fitnessathleten ist Schnellkraft immer dann relevant, wenn es um die Konditionierung der intramuskulären Koordination geht. Hierfür werden üblicherweise nur mittelschwere Arbeitsgewichte gewählt, die in einem Wiederholungsbereich von 6 bis 15 bewegt werden.
c) Reaktivkraft
Der Begriff der Reaktivkraft ist unter Kraftsportathleten weitestgehend unbekannt – zu Unrecht, denn Reaktivkraft ist streng genommen eine Form der Schnellkraft und hat damit bedeutenden Einfluss auf bestimmte Übungen und auch Muskelaufbau.
Die Reaktivkraft kommt immer dann zum Einsatz, wenn eine Übung in ihrem explosiven Teil die aus der vorhergegangen Dehnung der Muskulatur gespeicherte Energie nutzt. Klingt kompliziert, ist aber simpel und lässt sich am einfachsten anhand eines praktischen Beispiels erklären:
Beim Hock-Streck-Sprung (oder auch bei Burpees) geht der explosiven Phase (= Absprung) eine Dehnung der beteiligten Muskulatur (= in die Knie gehen) voraus. Da die Skelettmuskulatur in der Lage ist, die durch die Dehnung erzeugte Energie kurzzeitig zu speichern, wird diese während des Absprungs genutzt. Dadurch wird der gesamte Sprung höher und schneller.
Das Training von Reaktivkraft lässt sich durch sogenannte plyometrische Übungen gestalten. Sie sollten von Zeit zu Zeit in den Trainingsplan eingebaut werden, da sie – obwohl in der Regel ohne Zusatzgewichte ausgeführt – zu einer Steigerung der Reaktionsgeschwindigkeit führen und im weiteren Verlauf zu einer direkten Steigerung der Maximalkraft.
d) Kraftausdauer
Kraftausdauer wird definiert als die Widerstandsfähigkeit der Muskulatur in Bezug auf Ermüdung und Versagen während des Einsatzes von Kraft.
Sie wird immer dann benötigt, wenn es darum geht, über eine möglichst lange Zeitspanne Kraftleistungen zu erbringen, wie dies vor allem bei Disziplinen mit sehr hohen Wiederholungszahlen der Fall ist (Beispiel aus dem Krafttraining: Sogenannte Atemkniebeugen, bei denen 20 Wiederholungen mit demselben Gewicht pro Satz absolviert werden – der Zeitfaktor ist dabei durch die Dauer bestimmt, die der Athlet eben für genau die 20 Wiederholungen braucht).
Kraftsportler greifen auf Kraftausdauertraining häufig dann zurück, wenn sie diäten oder aus anderen Gründen kein Maximalkrafttraining durchführen wollen oder können (zum Beispiel in Entlastungsphasen). Es kommt im Gegensatz zum Hypertrophie-Training nur sehr reduziert zum Aufbau von Muskelmasse, da die Muskulatur mehr damit beschäftigt ist, ihre Reserven zur Energiebereitstellung zu nutzen als damit, neue Muskelzellen zu bilden.
Nichtsdestotrotz ist das Kraftausdauertraining im Rahmen eines ausgewogenen Krafttrainings unverzichtbarer Bestandteil und sollte daher auch von fortgeschrittenen Athleten von Zeit zu Zeit in den Trainingsplan eingebaut werden. Insbesondere die Regenerationsfähigkeit der Muskulatur wird durch gezieltes Kraftausdauertraining optimiert und erleichtert so auch nachfolgendes Maximalkrafttraining.